6. Apr 2023

Amazons Marktdominanz: Nicht jammern, sondern handeln!

Ein Gastbeitrag von Colin Czeloth, Marktplatz-Experte bei ecom consulting GmbH

Die deutsche Marktplatzlandschaft ist inzwischen sehr professionell aufgestellt. Für jeden Händler und Hersteller findet sich eine breite Palette an Alternativen zum Platzhirsch Amazon, auf denen sich zum Teil auch deutlich profitabler Business betreiben lässt. Warum also jammern alle über die Marktdominanz von Amazon, statt einfach neue Wege zu gehen?

Knapp ein Fünftel des gesamten deutschen E-Commerce-Marktes, so zeigte jüngst wieder das aktuelle Top-1.000-Ranking des Handelsforschungsinstituts EHI, kontrolliert Amazon. Dagegen hilft kein Lamentieren, sondern Handeln. Denn das Flywheel des US-Giganten befeuern vor allem die Marktplatzhändler. Und für die gibt es in der deutschen Marktplatzlandschaft inzwischen längst interessante Alternativen.

Die Zeiten des Easy Money auf Amazon sind vorbei

Mindestens zehn Jahre lang war Amazon unbestritten der einzige Online-Player in Deutschland, der ein sehr breites und kontinuierlich wachsendes Angebot und sehr anständige Preise mit einem sehr guten Fulfillment kombinierte. Und ganz viele kleine und mittlere Unternehmen wurden in der Mitte der 2010er Jahre mit Handyhüllen, Fahrradpedalen oder Kugelschreiberhaltern auf Amazon sehr schnell sehr erfolgreich, einfach weil sie die Wachstumsstory des US-Giganten in einer Zeit genutzt und mitbegleitet haben, in der der E-Commerce-Markt noch nicht so komplett durchstrukturiert war wie heute.

Doch dann kamen die Nachahmer. Und der Pizzasteinanbieter, der bislang erfolgreich seine Nische besetzte, musste mit ansehen, wie innerhalb weniger Wochen ein Wettbewerber mit mehr Geld ein Konkurrenzprodukt auf Amazon platzierte und die Preise zerstörte. Gleichzeitig professionalisierte Amazon sein Handelsgeschäft, verhandelte immer aggressiver seine Einkaufspreise und führte Listing Fees und Pönalen ein.

Und vor allem erkannte Amazon das Geschäft mit Retail Media. Und so braucht man inzwischen Geld, um auf dem Online-Marktplatz Geld zu machen. Denn wer seine Artikel nicht auf Amazon bewirbt, findet schlichtweg nicht statt. Das Resultat: Die Zeiten des leicht verdienten Geldes sind auf Amazon definitiv vorbei.

Colin Czeloth, ecom consulting GmbH

Otto kann Möbel besser als Amazon und Manomano DIY

Im Windschatten von Amazon allerdings ist auch der restliche E-Commerce-Markt im deutschsprachigen Raum erwachsen und professionell geworden. Mit Playern wie Otto, Kaufland, Zalando, Breuninger, Douglas oder Media Markt gibt es inzwischen eine Vielzahl an Plattformen, die dem großen A in Sachen Customer Experience inzwischen in nichts mehr nachstehen. Sie haben alle ein Kundenkonto. Sie bieten alle einfache Bezahlarten. Sie nutzen alle Kundenbindungsprogramme. Sie führen alle Sonderaktionen durch. Und sie liefern alle schnell. Und sie bieten auch ihren Lieferanten immer komfortablereeinfachere Onboarding-Prozesse. In Summe kann man sagen: Die neuen Herausforderer haben im vergangenen halben Jahrzehnt mehr aufgeholt als Amazon besser geworden ist.

Händlern und Herstellern bieten sich heute also viele Optionen, die es vor zehn Jahren in dieser Form noch nicht gab. Über all diese Plattformen lässt sich erfolgreich und zum Teil auch deutlich profitabler verkaufen als auf Amazon. Man muss es nur machen. So sind die Produktdetailseiten auf Otto.de für Möbelhersteller und -händler beispielsweise deutlich besser geeignet als die von Amazon, die ursprünglich für Bücher und CDs konzipiert wurden. Manomano.de bietet der DIY-Branche Zugang zur internationalen Heimwerker-Zielgruppe, die sich auf der Plattform auch viel gezielter targeten lässt als auf Amazon. Zudem schafft das gezielt auf die Bedürfnisse von DIY-Fans zugeschnittene Sortiment ein hochwertiges Umfeld, in dem sich auch hochpreisigere Produkte besser verkaufen lassen. Und auch auf dem Marktplatz von Breuninger sammeln sich zahlungsfähige Kunden, die beim Preis unter Umständen nicht so stark auf die zweite Nachkommastelle achten wie bei Amazon.

Auch Amazon-Kunden sind wechselwillig

Auch die Kunden suchen immer häufiger nach Alternativen zu einer Plattform, die ihnen zwar ein gigantisches Sortiment, dafür aber wenig Inspiration und viel China-Schrott bietet. Gleichzeitig fragen sie sich, warum sie im Jahr 89,90 Euro Versand-Flatrate bezahlen, während sie in den Medien lesen, wie schlecht es den Amazon-Zustellern geht. Um es einmal plakativ zu machen: Wer zwei Mal pro Monat bei Amazon bestellt und Amazon Prime Video oder Amazon Music nicht nutzt – und das dürften vor allem in älteren Zielgruppen nicht wenige sein –, zahlt umgerechnet pro Bestellung 3,74 Euro Versandgebühr. Also weit weg von dem gefühlten, vermeintlich versandkostenfreien Einkauf!

Der Wille und das Fundament, in Deutschland ein Gegengewicht zu Amazon zu bauen und zu nutzen, ist auf Plattformanbieter-Seite und auch auf Kundenseite inzwischen vorhanden. Nun liegt es an den Herstellern und Händlern, diese Plattformen mit Leben bzw. geeigneten Sortimenten zu wettbewerbsfähigen Preisen zu füllen. Denn neben der inzwischen überall vorhandenen guten Customer Experience ist für den Durchbruch eines Online-Marktplatzes vor allem eines wichtig: Ein qualitativ hochwertiges und tiefes Sortiment. Und hierzu können mit neuen Tools und Softwarelösungen gute und leicht skalierbare Onboarding Prozesse für weitere Lieferanten aufgebaut werden. Dann nutzen die Konsumenten auch gerne die Vielfalt der Marktplätze.

Der Wettbewerb gegen Amazon kann also weiter aufholen.

ecom consulting ist eine unabhängige Unternehmensberatung, die Herstellern und Händlern im B2B und B2C hilft, pragmatische Strategien und digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln und umzusetzen. Die Berater unterstützen Unternehmen sowohl bei Projekten zur Digitalisierung als auch bei der Optimierung einzelner Bereiche. Dazu gehört auch die Beratung zur Marktplatz-Strategie und Umsetzung, u.a. auf Amazon, Logistik, E-Commerce- IT-Systeme, dem ERP-Setup oder Geschäftsprozesse.

Das Team setzt sich aus rund 20 Experten zusammen, die selbst jahrelang auf Unternehmensseite gearbeitet haben und daher die wunden Punkte sowie die Stärken auf der Kundenseite kennen. Ziel von ecom consulting ist es, alle Rädchen des digitalen Handels perfekt aufeinander abzustimmen sowie Kunden effizient und renditeorientiert zu beraten und zu begleiten.

Das Unternehmen wurde 2015 von Oliver Lucas und Martin Himmel in München gegründet und berät u.a. MediaMarktSaturn, Rose Bikes und Braun Büffel.

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