28. Okt. 2024

Commerce Village Interview

Interview mit André: Wie das Commerce Village den E-Commerce als Stadt erlebbar macht

Wie kam es zu der Idee, die E-Commerce-Welt als Stadt darzustellen?

André: Wir sprechen ja in der Architekturberatung gemeinhin von der “IT-Landschaft” oder – etwas spitzer gefasst – von der “E-Commerce-Landschaft”. Am Ende ist das aber immer nur ein System-Schaubild und eben keine echte Landschaft. Irgendwann ergab sich daraus die Idee, so ein System-Schaubild als echte “Landschaft” darzustellen und über Metaphern visuelle Orientierung zu bieten, um Zusammenhänge prägnanter darzustellen.

War von Anfang an klar, dass eure Landschaft eine Stadt sein würde?

André: Nein, nicht direkt. Im 1. Schritt hatten wir z. B. die “Monolith Mountains”, die “Commerce Clouds” oder den “Data River” im Kopf. Im Zuge der konzeptionellen Ausarbeitung der Idee ist dann das Commerce Village entstanden. Keine Landschaft mehr mit einer Landkarte, sondern ein Städtchen mit einer Stadtkarte. Aber die Idee der Orientierung und Guidance über eine visuelle Karte ist geblieben.  

André erklärt das commerce village.

Hat das Commerce Village auch etwas mit der Rolle zu tun, die Kunden euch in letzter Zeit immer häufiger zuschreiben?    

Ganz sicher. Die Idee und der Anspruch resultieren daraus, dass wir seit einiger Zeit zunehmend als Guides im E-Commerce-Tech-Dschungel wahrgenommen und angefragt werden.

Früher war das weniger komplex, weil eine typische System-Landschaft aus eher wenigen, monolithisch konzipierten Bausteinen zusammengestellt wurde. Durch zunehmende Verbreitung und Leistungsfähigkeit von Cloud-Diensten hat sich aber in den letzten Jahren eine Vielzahl von kleinteiligeren Lösungen – Microservices – etabliert, die viel flexiblere Architekturen ermöglichen. Stichwort “Composable Commerce”.

Im Zuge dieses Trends steigt für Dienstleister wie uns die Bedeutung von klug kuratierten Architekturen – und damit die Bedeutung von Architekturberatung. Und dabei kann so eine Karte eben helfen.

Wem soll es helfen?

Im Prinzip jedem, der sich einen Überblick über die “Landschaft” verschaffen möchte. Wir richten uns natürlich in erster Linie an Unternehmen, die sich fragen, wie sie ihre bestehende IT-Landschaft klug weiterentwickeln sollen. Da  brauchst du ja erstmal einen Überblick, was es überhaupt alles gibt und welche Lösung welche Aufgaben übernehmen kann. Den liefert nun das Commerce Village.

Im nächsten Schritt will man dann natürlich wissen, was denn die Unterschiede zwischen den Anbietern sind und wo sie ihre jeweiligen Stärken haben. Das können wir heute schon über das Commerce Village liefern, indem wir auf die Websites der Hersteller verweisen.

Also alles ganz easy … oder gibt es dabei noch Herausforderungen zu meistern?

Eine Herausforderung ist definitiv, dass die Hersteller natürlich nicht freiwillig verraten, wo sie nicht so stark sind. Oder sie verschleiern ihr Angebot in werblichen Allgemeinplätzen à la “Wir machen Ihr E-Commerce zukunftssicher”. Wir geben im Commerce Village jetzt schon über die Kurzbeschreibungen einen ganz kleinen Einblick, wo die Systeme unserer Erfahrung nach stark sind. In einer bereits geplanten Ausbaustufe werden wir da noch ein ganzes Stück weiter gehen und uns weiter aus dem Fenster lehnen. 

Mit dieser Ausrichtung kann das Commerce Village dann wirklich nicht nur den Unternehmen helfen, für die wir es konzipiert haben, sondern auch Berufs- und Quereinsteigern oder der Fachpresse.     

Was bedeutet das konkret? Nehmt ihr das Commerce Village mit in Kundengespräche?

Das wird sicher vorkommen, wenn wir einen bestimmten Zusammenhang zwischen verschiedenen Lösungen verdeutlichen wollen oder verschiedene Varianten, wie man eine Architektur aufbauen könnte.

Z.B. je nachdem, woher und aus wie vielen Quellen deine Produktdaten als Händler kommen und in wie viele Kanäle du sie distribuieren möchtest, kann ein bestimmtes PIM oder eine Middleware ein Weg sein. Oder beides. 

Im Commerce Village sind Middleware-Lösungen über das Straßennetz symbolisiert, PIM-Systeme über die Schleuse, die Niveauanpassungen im “Datenstrom” ermöglichen. Gerade Entscheidungsträgern, die Nicht-Techniker sind, können die Metaphern helfen, Zusammenhänge zu sehen.    

Was bringt es denn für einen Anbieter oder Partner von euch, ein Teil des Commerce Village zu sein? Immerhin erfahren wir ja zu jedem Anbieter auch, welche Wettbewerber er so hat? 

Zunächst mal ist es für einen Anbieter ja gut, wenn er dabei ist. Das wird klar, wenn man es umgekehrt denkt: Stell dir mal vor, alle deine Wettbewerber wären dabei und nur du nicht? 

Darüber hinaus glaube ich daran, dass es einen Lösungsanbieter auch glaubwürdig macht, wenn er mit einem potenziellen oder bestehenden Kunden das Commerce Village besucht oder darauf hinweist. Er stellt sich dem Umstand, dass es nun mal Wettbewerber gibt (vor denen er keine Angst haben muss), er hat Gelegenheit zu erklären, wo er seine eigenen Vorzüge im Vergleich sieht – bis hin zu der Chance, die sich daraus ergibt, herauszustellen, wo er einzigartig ist. Ich finde ja, dazu sollte jedes Unternehmen etwas sagen können – und ich freue mich immer, wenn ich danach gefragt werde. 

Nicht zuletzt kann ein Hersteller mit dem Einsatz des Commerce Village auch vermitteln, dass es ihm eben nicht nur darum geht, Lizenzen oder Provisionen zu verkaufen, sondern, dass ihm das Business und der Erfolg seiner Kunden wichtig sind. Deswegen interessiert er sich auch für angrenzende Systeme, die an anderer Stelle in derselben Wertschöpfungskette liegen und zum Erfolg eines Kunden beitragen. Wie willst du denn dein Produkt verkaufen, wenn du nicht das Umfeld kennst, in dem es erfolgreich eingesetzt werden soll?      

Neue Partner betreten den Markt, andere fallen weg: Wie entscheidet ihr, welche Unternehmen im Commerce Village erscheinen und wie haltet ihr mit den Entwicklungen im Markt Schritt?

Zunächst mal bildet das Commerce Village unseren Blick auf die Commerce-Welt ab, wie er sich bei uns aus der täglichen Beratungs- und Umsetzungspraxis ergeben hat. Wir erheben gar nicht den Anspruch, lückenlos jede Lösung dabei zu haben und vollumfänglich deren gesamtes Leistungsspektrum darzustellen. 

Denn wir mussten ja auch Vereinfachungen und Zuweisungen vornehmen, die womöglich vom Selbstverständnis eines Lösungsanbieters abweichen, damit wir eine Lösung, die vielleicht sehr breite Anforderungen abdeckt, überhaupt einordnen können.

Und in Zukunft wird es dann Updates des Commerce Village geben?

Für die Zukunft gibt es zwei Wege, auf denen sich das Commerce Village weiterentwickeln wird: Zum Einen werden wir es kontinuierlich auf Basis unserer praktischen Arbeit mit den verschiedenen Lösungen weiterentwickeln, anpassen und modifizieren. Zum Anderen gibt es ja auch den Stadtteil “Bauland”, wo jeder, dem etwas fehlt, oder der eine Lösung falsch eingeordnet oder beschrieben findet, Vorschläge hinterlassen kann. Wenn diese Vorschläge gut sind und der Orientierung dienen, nehmen wir sie auf.

Ihr habt keine Partner hervorgehoben, obwohl ihr doch sicherlich ein Standard-Set-Up an Partnern habt, die ihr immer einsetzt, oder?

Ja, wir erheben den Anspruch, agnostisch zu beraten und deswegen haben wir uns bemüht, alle Lösungen möglichst neutral darzustellen. Denn am Ende sind ja die Rahmenbedingungen auf Kundenseite entscheidend dafür, ob eine bestimmte Lösung “gut” oder “schlecht” für ihn ist. Das können wir pauschal und ohne Kontext für keine Lösung behaupten. 

Wir nehmen allenfalls eine Art “Bewertung” vor, wenn wir eine bestimmte Lösung einfach gar nicht mit aufnehmen. Zum Beispiel der “1,2,3-Shop-Baukasten” eines Hosting-Anbieters ist einfach für die Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten, nicht relevant. Wir haben keine Erfahrung damit, und es spielt in unseren Beratungs- und Umsetzungsprojekten einfach keine Rolle. Auch hier wird es sicher Händler geben, für die das genau die richtige Lösung ist. Aber das ist einfach außerhalb unseres Dunstkreises.        

Wie sieht das technische Set-up aus?

Die App selbst ist in VueJS geschrieben, das Frontend ist bei Vercel gehostet. Um die Inhalte zu pflegen, setzen wir Storyblok als CMS ein. 

Alle drei Lösungen haben auch ihren Platz im Commerce Village. 

Wir haben uns also für eine einfache Headless/Cloud-Architektur entscheiden, weil wir bei uns im Hause keine große interne IT-Abteilung mehr haben und damit einfach nicht die Kapazitäten, einen eigenen Techstack zu ownen und zu maintainen. Wir brauchten etwas Schlankes, mit dem wir Erfahrung haben und das ohne großen Aufwand betrieben werden kann. Das waren unsere Anforderungen und deswegen ist es dieser Stack geworden. Andere Unternehmen mit anderer Ausgangssituation hätten vielleicht einen anderen Stack gefunden … und der wäre dann vielleicht auch sehr gut gewesen – für dieses Unternehmen. 🙂 

 Habt ihr schon Ideen, wie ihr das Commerce Village im nächsten Schritt erweitern werdet?

Ja, wir wollen auf jeden Fall noch eine 2. Ebene einführen, in der wir die Stärken und Einsatzmöglichkeiten der Lösungen beschreiben – so wie wir sie kennengelernt haben. Wir haben auch schon Ideen für Erweiterungen  wie eine Sprachschule oder eine Touristengruppe (automatische Übersetzungstools), eine Disco mit einem Türsteher (Cookiebots) oder einen Leuchtturm (Analytic Tools). 

Und wir sind natürlich auch gespannt, welche Ideen im “Bauland” eintrudeln.  

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