27. Juni 2025

Digital barrierefrei – oder bald nicht mehr dabei?

Der Countdown läuft: Am 28. Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Doch die Realität zeigt: Viele Onlineshops sind noch nicht bereit. Die neue Accessibility-Studie 2025 legt offen: Die digitale Einkaufswelt ist noch immer voller vermeidbarer Hürden.
BFSG
Laut der neuen Studie zu Accessibility von Aktion Mensch, Google, Stiftung Pfennigparade und UDG ist nur ein Fünftel der meistbesuchten deutschen Online-Shops erfüllt die gesetzlichen Mindestanforderungen an Barrierefreiheit. Besonders häufig fehlt es an funktionierender Tastaturbedienbarkeit und an der Kompatibilität mit Screenreadern. Mit Blick auf den anstehenden Stichtag ist für die nächsten Monate ein steigender Bedarf an Ressourcen zur Umsetzung der notwendigsten Optimierungen zu erwarten, prognostiziert André Roitzsch, CEO von SHOPMACHER. Onlinehändler sollten fünf Maßnahmen besonders im Blick haben, um die Anforderungen des BFSG zu erfüllen.

1. BFSG: Kein Grund zur Panik, aber auch nicht zu Sorglosigkeit

Das BFSG ist die deutsche Umsetzung des European Accessibility Acts (EAA) und verpflichtet digitale Verkaufsplattformen zur Einhaltung der international anerkannten WCAG-AA-Kriterien. Verstöße können gemäß §37 BFSG mit Bußgeldern geahndet werden. Trotzdem ist nicht mit einem sofortigen Kontroll-Tsunami ab dem 29. Juni zu rechnen – schlicht weil der Gesetzgeber die nötigen Strukturen zur flächendeckenden Prüfung noch nicht geschaffen hat.

Aber: Die Erfahrung zeigt, dass betroffene Nutzerinnen und Nutzer zunehmend bereit sind, ihre Rechte gemeinschaftlich durchzusetzen. Entsprechend ist mit wachsendem Druck und erhöhtem Ressourcenbedarf zur Umsetzung der BFSG-Vorgaben zu rechnen – auch ohne formale Abmahnwelle.

2. BFSG ist auch ein Thema für den B2B-Handel

Insbesondere im B2B-Bereich herrscht vielfach die falsche Annahme, das Gesetz greife nicht, weil Plattformen „nicht öffentlich“ seien. Doch das ist bestenfalls die halbe Wahrheit. Auch B2B-Plattformen verfügen in der Regel über öffentlich zugängliche Seiten – und diese müssen spätestens ab dem Stichtag barrierefrei sein. Zudem könnten sich auch registrierte Nutzerinnen und Nutzer mit legitimen Ansprüchen an die Gesetzeskonformität wenden. Händler, die hier untätig bleiben, riskieren unnötig Reputationsverlust – und potenziellen Ärger.

3. Es geht nicht um Regulierung, sondern um bessere User Experience

Barrierefreiheit ist keine bürokratische Last, sondern eine funktionale Aufwertung: Wer seine Plattform so gestaltet, dass auch Menschen mit Einschränkungen sie intuitiv nutzen können, verbessert in der Regel auch für alle anderen die Experience. Ein Checkout mit großzügigeren Touchfeldern hilft im fahrenden Bus genauso wie optimierte Kontraste bei grellem Sonnenlicht. Die Anforderungen des BFSG führen also nicht in die Komplexitätsfalle – sondern zu besseren Conversion Rates.

4. BFSG: Aufwand wird oft überschätzt

Viele Händler blockieren sich selbst durch eine „Ganz-oder-gar-nicht“-Haltung. Aus Sorge vor komplexen technischen Anforderungen wird das Thema Barrierefreiheit oft vertagt – dabei wären erste Fortschritte mit wenig Aufwand machbar. Schon einfache Maßnahmen wie gepflegte ALT-Texte, strukturierte Überschriften oder klare Linkformulierungen verbessern die Zugänglichkeit spürbar. Das lässt sich oft redaktionell und ohne tiefes Technik-Know-how umsetzen – durch Praktikantinnen und Praktikanten oder Werkstudierende. Wer die „Low-hanging Fruits“ ignoriert, verschenkt leicht realisierbare Verbesserungen. Wer sie nutzt, kommt schneller voran.

5. Check-Tools sind hilfreich, aber kein Ersatz für echte Prüfung

Die Hoffnung, dass das nächste Shopsoftware-Update oder ein neues Accessibility-Plugin das Thema schon irgendwie löst, hält sich hartnäckig. Tatsächlich arbeiten viele Anbieter aktuell an barrierefreieren Themes, UI-Komponenten oder Modulen – das ist ein Fortschritt. Aber: Kein Update der Welt macht ein digitales Angebot automatisch gesetzeskonform. Gleiches gilt für automatisierte Accessibility-Scanner und KI-basierte Prüftools. Sie können wertvolle Hinweise liefern – etwa zur Frage, ob Probleme eher technischer oder redaktioneller Natur sind. Doch sie erkennen nur oberflächliche Schwächen. Am Ende zählt, was wirklich nutzbar ist. Und das bewerten keine Algorithmen, sondern Menschen. Um unklare Inhaltsstrukturen, fehlerhafte Fokusführung oder fehlende semantische Markup-Logik zu erkennen, ist eine manuelle Prüfung unverzichtbar.

6. ToDo-Liste statt Panik-Aktionismus

Der erste Schritt für alle Händler ist eine fundierte Standortbestimmung: Welche Anforderungen sind bereits erfüllt? Welche nicht? Welche Maßnahmen sind kurzfristig realisierbar – und welche bedürfen einer längeren Roadmap? Wer diesen Überblick hat, kann begründet priorisieren, nach außen transparent kommunizieren – und intern gezielt Ressourcen aufbauen. Denn wie André Roitzsch betont: „Was vielen fehlt, ist weder Budget noch Technik, sondern ein klarer Plan.“

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